Eine Gehaltsverhandlung ist für viele ein nervenaufreibendes Thema, doch sie ist der Schlüssel, um den eigenen Wert im Job zu realisieren. In Österreich, wo das Einkommen oft kollektivvertraglich geregelt ist, hat man dennoch Spielraum, um über das Gehalt zu verhandeln. Ein höheres Gehalt verhandeln Sie nicht, indem Sie einfach danach fragen. Es ist ein strategischer Prozess, der Vorbereitung, Selbstbewusstsein und die richtigen Argumente erfordert. Dieser Leitfaden führt Sie Schritt für Schritt durch die Kunst der Gehaltsverhandlung in Österreich.
Eine Gehaltsverhandlung ist wie ein Geschäftstreffen, in dem Sie sich selbst verkaufen. Je besser Sie vorbereitet sind, desto grösser ist Ihre Chance auf Erfolg.
Kennen Sie Ihren Marktwert: Recherchieren Sie, was in Ihrer Branche und in Ihrer Region für Ihre Position üblich ist. Nutzen Sie dafür Online-Gehaltsvergleiche, Branchenberichte und anonyme Umfragen. Wichtige Faktoren sind:
Ihre Berufserfahrung
Ihre Qualifikationen und Spezialisierungen
Die Unternehmensgrösse und -standort
Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und der Branche
Regionale Unterschiede (z.B. sind Gehälter in Wien oft höher als in ländlichen Gebieten) Denken Sie daran: Das kollektivvertragliche Mindestgehalt ist oft nur der Ausgangspunkt.
Sammeln Sie Ihre Argumente: Überzeugen Sie Ihren Vorgesetzten nicht mit persönlichen Gründen („Ich brauche mehr Geld“), sondern mit sachlichen, ergebnisorientierten Argumenten. Erstellen Sie eine Liste Ihrer Erfolge und Leistungen der letzten Monate oder Jahre. Beispiele dafür sind:
Sie haben ein Projekt erfolgreich abgeschlossen, das dem Unternehmen Umsatz oder Zeit gespart hat.
Sie haben neue Verantwortlichkeiten übernommen.
Sie haben sich durch Weiterbildungen neue Fähigkeiten angeeignet, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringen.
Sie haben Kollegen geschult oder neue Prozesse eingeführt, die die Effizienz steigern.
Sie haben sich aktiv in die Unternehmenskultur eingebracht und das Teamklima verbessert.
Setzen Sie sich ein konkretes Ziel: Definieren Sie eine klare Gehaltsspanne. Beginnen Sie in der Verhandlung mit dem oberen Ende Ihrer Wunschvorstellung. Setzen Sie sich zudem eine absolute Schmerzgrenze, unter die Sie nicht gehen. Eine realistische Gehaltserhöhung liegt in der Regel zwischen 3 und 10 Prozent.
Das Wann und Wo sind genauso wichtig wie das Was.
Wählen Sie den perfekten Zeitpunkt:
Nach einem Erfolg: Sprechen Sie das Thema an, wenn Sie gerade ein grosses Projekt abgeschlossen oder einen wichtigen Meilenstein erreicht haben. Ihr Wert für das Unternehmen ist dann offensichtlich.
Im Jahresgespräch: Viele Unternehmen führen jährliche Mitarbeitergespräche durch, in denen die Leistung bewertet wird. Dies ist der natürliche Rahmen für eine Gehaltsverhandlung.
Vermeiden Sie schlechte Zeiten: Schlechte Zeiten für eine Verhandlung sind Phasen, in denen das Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten hat, oder wenn Ihr Vorgesetzter offensichtlich gestresst oder unter Zeitdruck steht. Ein zufälliges Gespräch auf dem Gang ist ebenfalls ungeeignet.
Wählen Sie die richtige Umgebung: Bitten Sie um einen formellen Termin in einem Konferenzraum. Dies signalisiert, dass es sich um ein wichtiges und ernsthaftes Gespräch handelt.
Jetzt kommt es darauf an. Eine selbstbewusste und gut vorbereitete Haltung kann den entscheidenden Unterschied machen.
Starten Sie die Verhandlung:
Beginnen Sie das Gespräch, indem Sie Ihren Mehrwert für das Unternehmen betonen. Sagen Sie etwas wie: „Ich habe im letzten Jahr massgeblich dazu beigetragen, [Erfolg] zu erzielen, und sehe meine Rolle im Unternehmen als sehr wertvoll an. Auf dieser Basis würde ich gerne über mein Gehalt sprechen.“
Nennen Sie Ihre konkrete Gehaltsvorstellung. Eine gut recherchierte Zahl demonstriert, dass Sie Ihren Marktwert kennen.
Reagieren Sie auf Gegenargumente:
Bleiben Sie sachlich: Ihr Vorgesetzter wird möglicherweise versuchen, den Gehaltswunsch zu relativieren. Bleiben Sie ruhig und wiederholen Sie Ihre ergebnisorientierten Argumente.
Halten Sie das Schweigen aus: Wenn Ihr Vorgesetzter nach Ihrer Gehaltsforderung eine Pause macht, zögern Sie nicht, diese auszuhalten. Oft ist die erste Person, die wieder spricht, die, die nachgibt.
Seien Sie kompromissbereit: Ein „Nein“ bedeutet nicht immer das Ende der Verhandlung. Wenn das Unternehmen Ihr Wunschgehalt nicht zahlen kann, fragen Sie nach Alternativen, z.B. nach:
Einer Bonuszahlung
Zusätzlichen Urlaubstagen
Flexiblem Home-Office
Übernahme der Kosten für Weiterbildungen
Einem Firmenwagen oder Jobticket
Lassen Sie sich Bedenkzeit: Wenn das Angebot nicht Ihren Erwartungen entspricht, bitten Sie um Bedenkzeit. Eine Nacht darüber zu schlafen, hilft Ihnen, eine rationale Entscheidung zu treffen.
In Österreich gibt es einige Besonderheiten, die Sie beachten sollten.
Das 13. und 14. Monatsgehalt: Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist in vielen Kollektivverträgen fest verankert. Klären Sie ab, ob Ihr verhandeltes Gehalt diese Zahlungen beinhaltet oder ob diese als zusätzliche Boni hinzukommen.Kollektivvertrag: Informieren Sie sich bei der Arbeiterkammer, welchem Kollektivvertrag Sie unterliegen. Er legt das Mindestgehalt fest, von dem Sie ausgehen können. Brutto vs. Netto: Verhandeln Sie immer über Ihr Bruttogehalt. Denken Sie daran, dass Sozialversicherung und Steuern abgezogen werden, um das Nettogehalt zu erhalten. Ein Brutto-Netto-Rechner kann Ihnen dabei helfen, den tatsächlichen Betrag zu ermitteln.
Eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung ist das Resultat guter Vorbereitung, strategischer Kommunikation und des Glaubens an den eigenen Wert. Indem Sie Ihren Nutzen für das Unternehmen klar darlegen und mit Selbstbewusstsein auftreten, können Sie Ihre Chancen auf ein höheres Gehalt signifikant steigern.
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